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Besichtigung der Großbaustellen „B 33 Allensbach – Konstanz“ und „B 31 Umgehung Friedrichshafen“

16. Mai 2019 |

Als gemeinsame Veranstaltung bot die Bezirksgruppe 11 Freiburg und die Bezirksgruppe 12 Donaueschingen ihren Mitgliedern den Besuch der beiden Großbaustellen im Bodenseeraum an. An dieser Stelle gleich ein Dank an Herrn Walter Stockburger von der Bezirksgruppe 12 für die Übernahme der Berichterstattung über die Besichtigung der beiden Großbaustellen. Nach gut dreistündiger Busfahrt hieß die Leiterin der Neubauleitung Singen, Frau BD Yvonne Guduscheit die 42 Exkursionsteilnehmer im Baubüro der B33-Baustelle willkommen. Hier erhielten die Teilnehmer von Frau Guduscheit einen kompakten Überblick über das Großprojekt.

Bild 1: Frau BD Guduscheit erläutert die Maßnahme
Bild 1: Frau BD Guduscheit erläutert die Maßnahme

Der 4-spurige Neu- und Ausbau der B 33 zwischen Allensbach/West und Konstanz (Landeplatz) stellt den 4-spurigen Lückenschluss im Straßennetz des südöstlichen Bereiches des RP Freiburg dar. Er dient der leistungsfähigen Anbindung des Raumes Konstanz an das Autobahnnetz und verbindet grenzüberscheitend die A 81 am Autobahnkreuz Hegau mit dem schweizerischen Autobahnnetz (A7) bei Kreuzlingen. Die vorhandene zweispurige Bundesstraße 33 ist mit täglich ca. 35.000 Kfz völlig überlastet, was zu langen Verkehrsstaus in beiden Fahrtrichtungen führt.
Die Baumaßnahme befindet sich im hochsensiblen Bereich der Naturschutzgebiete um das Wollmatinger Ried (europäische Bedeutung) und teilweise in direkter Nähe des Bodensees. Diese beiden Punkte stellen bei Planung und Abwicklung der Baumaßnahme höchste Anforderungen an die Bautechnik durch einen sehr problematischen Bau- und Untergrund (teilweise mehr als 20 m mächtige, nicht tragende Seeton- und Schnecklesandschichten).
Der gesamte Straßenabschnitt dieser Großbaustelle ist 10,8 km lang und in insgesamt 8 Unterabschnitte aufgeteilt. Die genehmigten Gesamtkosten betragen ca.139 Mio. €. Es werden 3 Tunnel, 24 Brücken, 26 Stützwände, 9.350 m2 Lärmschutzwände und 4 größere Grundwasserwannen errichtet. Baubeginn war 2009, Bauende wird voraussichtlich 2027 sein. Erfreulicherweise gibt es für das Gesamtprojekt eine Finanzierungszusage des Bundes. Zwei Bauabschnitte sind bereits abgeschlossen. Drei weitere Bauabschnitte (Abschnitt A, B und E) wurden im November 2015 begonnen. Der gemeinsame Baubeginn ist mit einem wichtigen „Kombi-Konzept“ bzw. einem Massenausgleichkonzept begründet. Besonders bei zwei Bauabschnitten gab es mit dem äußerst empfindlichen Untergrund (teilweise mehr als 20 m nichttragender Seeton) große Probleme. Herkömmliche Erddämme konnten nur bis 1,50 m Höhe errichtet werden, da sonst Grundbruchgefahr bestand. Deshalb wurden bei Erddämmen sog. Styroporkerne oder tiefgreifende Bodenstabilisierungen mit Rüttelstopfpfählen (Durchmesser ca.40 cm) oder Fertigrammpfählen (aus hofwertigem Beton, 30×30 cm stark) erforderlich. Es wurden ca. 2.200 Betonrammpfähle mit insges. 55.000 Laufmeter verbaut. Die Rammpfähle waren bis zu 26 m lang und wurden jeweils ca. 1,50 m in den tragenden Untergrund eingebunden. Der Bauabschnitt E ist zurzeit voll im Bau. Dieser aufwendige Bauabschnitt beginnt kurz nach Kloster Hegne in Richtung Konstanz und endet an der Bahnbrücke, die teilweise neu bzw. umgebaut wurde. Der im Bau befindliche Tunnel „Waldsiedlung“ (BW 65) hat eine Länge von 450 m. Baubeginn war Oktober 2018. Die bauliche Fertigstellung ist für 2021 geplant. Danach dauern die Arbeiten für die technische Ausstattung bis etwa 2022. Dieser Tunnel wurde wegen der angrenzenden Wohnbebauung der Waldsiedlung aus Lärmschutzgründen und wegen des Immissionsschutzes erforderlich. Bauliche Probleme gibt es wegen hoch anstehenden Grundwasserströmen und festgestellten Feuchtbiotopen, die zu erhalten sind. Deshalb muss das Grundwasser sorgfältig gefasst, über die Baustelle geleitet und danach wieder breitflächig verrieselt werden. Der hohe Grundwasserstand machte auch eine aufwändige Auftriebssicherung des Tunnels und der beiden Grundwassertröge, beidseitig des eigentlichen Tunnels notwendig.

Bild 2: Baugrube des Waldsiedlungstunnels mit beidseitiger Spundwand
Bild 2: Baugrube des Waldsiedlungstunnels mit beidseitiger Spundwand

Ein weiterer Tunnel bei Allensbach, der „Röhrenbergtunnel“, ist mit 970 m der längste Tunnel dieses Bauprojektes. Dessen Baubeginn ist für 2020 geplant. Beim Tunnel Hegne, mit 650 m Länge, ist der Baubeginn ab 2022 geplant. Das VgV-Verfahren für den Tunnel ist abgeschlossen. Wegen bekannten geologischen Problemen laufen zurzeit umfangreiche Baugrunduntersuchungen. Das Gesamtprojekt soll bis 2027 fertiggestellt sein. Nach den Erläuterungen von Frau Guduscheit hatten die Exkursionsteilnehmer die Gelegenheit, sich ein Bild über die laufenden Verbauarbeiten zu machen.

Danach verabschiedete sich die Gruppe und machte sich per Bus incl. einer Fahrt mit der Fähre auf den Weg zur Baustelle B 31 Umgehung Friedrichshafen. Herr Klemens Seifried, Bauleiter bei der Fa. STORZ, Tuttlingen und Vorstandsmitglied in der Bezirksgruppe 12, fuhr ab der Großbaustelle B 33, Allensbach in unserem Bus mit. Bereits auf der Hinfahrt Richtung Friedrichshafen erhielten wir von ihm fachkundige Baustelleninfos zu dem Großprojekt Umgehung Immenstaad – Friedrichshafen.

Bild 3: Begrüßungsworte auf der Baustelle durch Herrn Seifried von der Firma Storz
Bild 3: Begrüßungsworte auf der Baustelle durch Herrn Seifried von der Firma Storz

Bauherr der Maßnahme ist die Bundesrepublik Deutschland. Bei einer Gesamtlänge der Baumaßnahme von 7.1 km schlagen Gesamtkosten in Höhe von ca.157,4 Mio. € zu Buche. Bei einer Verkehrsbelastung von rund 27.000 Kfz/24 h wurde ein vierspuriger Straßenquerschnitt (SQ 24) im Tunnelbereich ein RQ 31 T gewählt.
Die B 31 entlang des nördlichen Bodensees ist eine der wichtigsten Straßen in dieser Region. Ziel des Projektes ist es, mit dem vierstreifigen Neubau der B 31 nördlich der Stadt Friedrichshafen zwischen dem Ortseingang Immenstaad im Westen und der bereits bestehenden B 31 am Knoten Colsmannstraße eine leistungsfähige Umfahrung der Industriestadt Friedrichshafen zu schaffen. Mit dieser Umgehung werden Friedrichshafen und die Stadtteile Fischbach, Spaltenstein und Schnetzenhausen vom sehr starken Durchgangsverkehr entlastet. Dadurch wird der Wohn- und Freizeitwert in Friedrichshafen und den Stadtteilen sehr gesteigert.
Die durch den Verkehr verursachten, teilweise unzumutbaren Lärmbelästigungen der Anwohner werden durch diese Baumaßnahme wesentlich reduziert. Zum Lärmschutz der Anwohner wurde die Trasse der Umgehungsstraße tiefer gelegt. In lärmrelevanten Bereichen wurden bereits Lärmschutzwälle angelegt bzw. werden noch Lärmschutzwände gebaut. Eine wesentliche Verbesserung wird durch den 700 m langen Tunnel bei Waggershausen erreicht.

Bild 4: Tunnel Waggershausen Portal Ost Spritzbetonböschungssicherung mit Verankerung
Bild 4: Tunnel Waggershausen Portal Ost Spritzbetonböschungssicherung mit Verankerung

Die erhebliche Flächeninanspruchnahme der neuen B 31 Trasse sowie die durch die Trasse verursachte Barrierewirkung für die Tierwelt bedeutet für die Natur und Landschaft ein starker Eingriff und beeinträchtigt den Erholungswert erheblich. Aus diesen Gründen werden umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen notwendig, die mit den Umweltbehörden bzw. verbänden abgestimmt wurden.
Die Planung und Bauoberleitung des Projektes wurde an die DEGES vergeben. Diese ist eine Projektmanagementgesellschaft für Verkehrsinfrastrukturprojekte in Deutschland, deren Gesellschafter der Bund und zwölf Bundesländer sind. Herr Becker von der DEGES gab uns vor der Baustellenbesichtigung einen guten Gesamtüberblick über dieses Großprojekt. Danach fuhren wir mit dem Bus über die Baustelle. Hier erhielten wir von Herrn Becker fachkundige und interessante Erklärungen bzw. Infos. Er wies besonders auf größere Probleme mit Oberflächen- und Grundwasser hin, die den Bauablauf immer wieder behindern.
Bei den Betonarbeiten für den Tunnel von Waggershausen wird ein spezieller PP-Faserbeton verwendet. Durch diesen PP-Faserbeton sollen im Brandfall größere Betonabplatzungen vermieden werden, sodass die Gefährdung von Verkehrsteilnehmern stark reduziert wird. Bei PPFaserbeton werden dem Beton pro m3 rund 2 kg, (ca. 6 mm lange und 0,02 mm dicke) Polypropylen Fasern beigemischt, die im Brandfall durch die thermische Zersetzung ein sehr feines Geflecht von Kapillarröhrchen ausbilden, durch das der im Beton entstehende Wasserdampf wirksam entweichen kann.

Bild 5: Abdichtungsarbeiten auf dem Tunnel Waggershausen
Bild 5: Abdichtungsarbeiten auf dem Tunnel Waggershausen
Bild 6: Erdarbeiten an der zukünftigen Anschlussstelle Schnetzenhausen
Bild 6: Erdarbeiten an der zukünftigen Anschlussstelle Schnetzenhausen
Bild 7: Bahnbrücke aus Stahl über die B 31 neu
Bild 7: Bahnbrücke aus Stahl über die B 31 neu

Nach dieser sehr interessanten Baustellenbesichtigung fand noch ein Abschluss in einem guten Restaurant in Schnetzenhausen statt. Hier wurden die Baustelleneindrücke und Informationen noch einmal angesprochen und ausgetauscht.
Ein sehr großer Dank gilt unserem VSVI-Mitglied Herrn Klemens Seifried von der Fa. STORZ und Herrn Becker von der DEGES.

(Walter Stockburger)