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Radtour zu den Baustellen Wasserwerkbrücke und IKEA

25. Juni 2019 |

Vom Start am Schloss bis zum Ziel „Biergarten“ in der Oststadt waren für die rund 20 Teilnehmer in diesem Jahr insgesamt drei Etappen zu bewältigen. Die erste Etappe führte uns durch die Südweststadt zunächst an die Alb und dann über den Bahnhof direkt zur Wasserwerkbrücke, die seit dem Beginn ihrer Erneuerung Ende Juli letzten Jahres für den Verkehr gesperrt ist und eine wichtige Verbindung für den Rad- und Fußverkehr über den Güterbahnhof in den Oberwald darstellt.

Im Baubüro erwartete uns das Team der Bauleitung des Tiefbauamtes der Stadt Karlsruhe, Herr Kippenhahn (Projektleitung) und Herr Biedlingmeier (Bauaufsicht), mit kühlen Getränken, die angesichts der Temperaturen von über 35° Grad eine bei allen Teilnehmern willkommene Erfrischung waren. In der Kühle des Baubüros erläuterte zunächst Herr Pfister (ebenfalls Tiefbauamt) einige Hintergründe zur Historie und der politischen Auseinandersetzungen im Vorfeld des Projektes.

Herr Kippenhan führt über die Baustelle
Herr Kippenhan führt über die Baustelle

Mit der Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes 1993 ging das Bauwerk von der Bahn in das städtische Eigentum über. Zu diesem Zeitpunkt wies die 1895 erbaute Stahlfachwerkkonstruktion mit Mauerwerkspfeilern und Stahlpendelstützen bereits erhebliche Mängel auf, so dass schon recht früh die Notwendigkeit einer Erneuerung klar war. 1996 musste die Brücke für den Kfz-Verkehr gesperrt werden. In 2002 erfolgte eine Mehrfachbeauftragung, die eine schlanke Stahltrogbrücke mit einer Stahlbetonfahrbahnplatte mit Verbundwirkung in Querrichtung und einer horizontalen Berührschutzkonstruktion, ähnlich einem Tragflügel im Querschnitt, als Lösung vorsah.

Die Kreuzungsvereinbarung konnte 2006 geschlossen werden. Anschließend sollte die Ausschreibung durchgeführt werden. Auf Grund der damals stark gestiegenen Stahlpreise wurde in Abstimmung mit der Bahn von der Ausschreibung abgesehen. In den Folgejahren führten Diskussionen der DB über eine Reduzierung der Gleisanlagen zu neuen Planungsüberlegungen. Aktuellste Prüfungsergebnisse erhöhten jedoch zuletzt den Druck für die Umsetzung des Projektes. Um keine weitere Zeit zu verlieren, wurde die frühere Planung 2016 in den politischen Gremien im Zuge der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2017/2018 vorgestellt. In der Folge entstand in der Öffentlichkeit eine intensive Diskussion mit der Forderung nach einem teuren Brückenprovisorium während der auf 15 Monate kalkulierten Bauzeit; die Diskussionen beruhten teilweise auch auf erheblicher Fehlinformation. Bürgerversammlungen und ausführliche Darstellungen der Sachzwänge und Alternativen in den politischen Gremien waren notwendig, um zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren und eine Zustimmung für den Verwaltungsvorschlag zu erreichen.

Letzteres gelang am Ende ohne Gegenstimme, und so konnte der Rückbau der alten Wasserwerkbrücke im Sommer 2018 beginnen. Nach Abbruch des Überbaus, der Stützen und der Fundamente, konnte im Oktober 2018 der Neubau der Wirtschaftswegbrücke beginnen. Die beiden Widerlager konnten erhalten werden und mussten jeweils mit vier Stab-Ankern ertüchtigt werden. Der in Summe 163 m lange Stahlüberbau wurde in Einzelteilen geliefert, vor Ort montiert und mittels 700t-Autokran in mehreren Abschnitten eingehoben. Die zahlreichen notwendigen Gleissperrpausen konnten wider Erwarten alle planmäßig umgesetzt werden, und so gelang es, die Brücke 3 Monate früher fertigzustellen und die Freigabe noch vor den anstehenden Sommerferien 2019 zu feiern.

Schrägansicht der neuen Wasserwerkbrücke mit Blickrichtung Oberwald
Schrägansicht der neuen Wasserwerkbrücke mit Blickrichtung Oberwald

Die zweite Etappe führte uns dann zur ebenfalls schon lange geplanten Ansiedlung von IKEA im Oberzentrum Karlsruhe. An der Durlacher Allee fand der schwedische Möbelkonzern das passende Grundstück und eine vielversprechende Lage. Im Baubüro angekommen erläuterte zunächst Herr Wagner vom Stadtplanungsamt die Außenerschließung und präsentierte uns die Ergebnisse des Verkehrsgutachtens. Dabei konnte auf eine sehr gute Grundlage zurückgegriffen werden, denn mit IKEA hatte man einen Partner an der Seite, der über umfangreiche Daten zum Kundenaufkommen verfügte, wie sie sonst nicht zu bekommen sind. Letztlich werde der Verkehr auf der Durlacher Allee überschaubare 11 % zusätzlich bringen. Der Radverkehrsanteil wurde dabei mit 15 % eher konservativ angenommen. Dennoch geht es nicht ohne Ausbau des Knotens Weinweg, der einen weiteren Linksabbiegerstreifen von Osten kommend in den Weinweg erhalten wird. Darüber hinaus wird auch die Haltestelle barrierefrei ausgebaut.

Frau Schaffelder (Projektleiterin für Grundstücksentwicklung, IKEA) erklärte anschließend das Moblitätskonzept der Karlsruher Filiale. Da das Grundstück für IKEA-Verhältnisse mit 30.000 m² relativ klein ist, musste für die 20.000 m² Verkaufsfläche stärker als üblich in die Höhe geplant werden. Über der Markthalle und dem SB-Bereich sind noch drei Parkebenen angeordnet.

Die Karlsruher IKEA-Filiale wächst nach oben
Die Karlsruher IKEA-Filiale wächst nach oben

Ladestationen für E-Fahrzeuge und E-Bikes sind selbstredend und 300 größtenteils überdachte Fahrradstellplätze sind im Eingangsbereich vorgesehen. Zudem soll es eine Bike+Ride-Station an der Haltestelle geben. Wie in der Filiale Hamburg-Altona sollen Lastenräder zum Ausleihen angeboten und Fahrradkuriere eingesetzt werden. Auch über die ungleichmäßige Auslastung der 1.250 Pkw-Parkplätze hat man sich Gedanken gemacht. So werden rund 400 Stellplätze zu Bürozeiten an die benachbarte EnBW-Zentrale zur Nutzung durch deren Mitarbeiter vermietet. Die 54. IKEA-Filiale kann auch noch mit einer weiteren Besonderheit aufwarten: Für die Gestaltung der Fassade führten die Schweden entsprechend den Anforderungen der Stadt erstmalig einen Wettbewerb durch.

Herr Lechens (Gesamtprojektleiter IKEA) erläuterte dann noch einige bauliche Details zur Maßnahme, die bereits im Februar 2017 begann. Für die Kampfmittelsondierung waren insgesamt 1.200 Bohrungen bis 6 m Tiefe notwendig. Die Gründung der 55 cm starken Stahlbetonbodenplatte erfolgte mittels 1.000 Franki-Rammpfählen mit einem Durchmesser zwischen 50 und 60 Zentimetern. Je 15 Treppenhäuser und Aufzüge wird das Gebäude zukünftig haben. Zahlreiche Stahlbetonwände stabilisieren es gegen die hohen Erdbebenlasten. Die Decken des Gebäudes sind mit einer Betonkernaktivierung zur Kühlung und Heizung ausgestattet. Die Decke über den Parkdecks erhält eine 24 cm starke Dämmung, darüber kommen 22 cm Lavasteinschüttung und dann der Pflasterbelag, auf dem die Fahrzeuge parken werden. Gründach, Fernwärme und Brauchwasser für die Toilettenspülung sorgen für ökologische Pluspunkte. Ab Sommer 2020, so heißt es, gibt es dann „Billy“, „Ivar“ und alle übrigen Möbelprodukte aus dem hohen Norden in Karlsruhe zu kaufen, denn dann wird die ca. 80 Mio. Euro Investitionssumme umgesetzt sein!

Stahlbetondecke mit Betonkernaktivierung
Stahlbetondecke mit Betonkernaktivierung

Mit einer ausführlichen Baustellenbegehung fand der Besuch bei IKEA seinen Abschluss und wir konnten mit inzwischen gewachsenem Durst die letzte Etappe bis zum Biergarten antreten.

Tobias Pfister